Freiwillige Feuerwehr Deggenau e.V.
1874-1902

Diese Ausführungen würden beweisen, daß es vor 125 Jahren keine Deggenauer Feuerwehr gegeben hat - wäre nicht diesem Brief ein anderer Ende 1874 vorausgegangen, der zwar für Deggenau nicht mehr auffindbar, für andere Gemeinden des selben Bezirksamtes Deggendorf aber nachweisbar ist. Er kann als Hinweis auf die Feuerwehrgründung verwendet werden, da er ausdrücklich bestimmte, daß die Feuerwehrpolizei Gemeindesache sei und daß die Gemeindeverwaltung - Bürgermeister, Beigeordnete, Räte - für das Feuerlöschwesen und die Feuerpolizei die Verantwortung trage. Ihr sei die Organisation jeglicher Brandbekämpfung und Katastrophenabwehr auferlegt. Da es damals noch fast alljährlich ein- bis zweimal Überschwemmungen im Gemeindegebiet gab, kann man sich vorstellen, daß die Männer Deggenaus schon Erfahrungen zur Katastrophenbekämpfung gesammelt hatten - mehr, als ihnen lieb war!

Es waren also nicht freiwillige, sondern gemeindliche Pflichtfeuerwehren, mit denen die Feuerwehrgeschichte einsetzt, in Deggenau so wie in anderen Orten auch. Schon am 15. April schrieb Bürgermeister Siebauer ans Bezirksamt, die Gemeindeverwaltung wolle sich ihrer persönlich - personalen Verantwortung entledigen und , „ad. 3. Bisher besteht keine Pflichtfeuerwehr, wird aber eingeführt". Unter „ad. 5." hieß es: „In der Gemeinde befinden sich 6 Stück Feuereimer, 22 Stück vorschriftsmäßige Feuerhacken, welche auf alle Ortschaften, Weiler und Einöden vertheilt sind, so auch Feuerleitern bei jedem Hause."

Man ging weiter davon aus, daß der Bürgermeister oder sein Beigeordneter Geyer im Brandfalle Einsatzleiter seien, Deggendorf und umliegende Gemeinden Hilfe zu leisten hätten, in "Reinprechting, Ucking, Leoprechtstein, Mietzing und Weinberg gänzlicher Wassermangel herrsche, so daß auch eine Wasserreserve nie angelegt werden kann". Aber die Männer seinen erfahren genug, zu helfen, sei "doch die Betheiligung bei den vorgekommenen Bränden im hiesigen Gemeindebezirke sehr groß, welche zur Hilfe sogleich von allen Ortschaften herbeieilten".

Im August 1875 wurde die Gemeinde heftig gerügt, weil immer noch allein die Gemeindeväter veantwortlich seien und eine Pflichtfeuerwehr nicht gegründet sei. Bürgermeister Siebauer forderte nun, die Regierung solle entscheiden. Diese entschied dem Gesetz entsprechend, worauf nach einer Gemeindeversammlung im November 1875 brieflich das Bezirksamt informiert wurde "die anwesenden Männer erklärten einstimmig, daß sie sich nicht herbeilassen können, der Pflichtfeuerwehr beizutreten ....". 1876 befaßte sich die Regierung immer noch mit den Beschwerden von Gemeinden, die eine Pflichtfeuerwehr ablehnten, darunter auch Deggenau. Am 6. Juni 1876 wurden die Beschwerden unter Hinweis auf die seit 1874 bestehende Gesetzeslage zurückgewiesen. Weil aber Deggenau finanziell stark belastet sei, reiche die Anschaffung einer kleinen Feuerlöschmaschine vorerst aus. Am 21. Dezember 1876 teilte die Gemeinde dem Bezirksamt mit, es sei nun um 370 Mark eine "Feuerlöschmaschine mit Saug- und Druckpumpe samt Zubehör angeschafft". Zugleich wird angezeigt, daß bei der letzten Ausschußsitzung am 25ten November ds Jh. zur Bedienung der Löschmaschine gewählt wurden: "1. der Gemeindediener Alois Holzapfel zu Mietzing, 2. Georg Schneider von Elmering, 3. Josef Schneider von Elmering, 4. Michael Weichselgartner von Elmering, 5. Georg Wallner und 6. Josef Sandweger, auch von Elmering, 7. Xaver Hofmann, 8. Georg Zitzelsberger von Reinprechting, 9. Leonhard Weiß von Gailberg, 10. Josef Dischinger von Mietzing, 11. Michael Friesl, 12. Georg Eigelmeier von Görgen, 13. Johann Würget von Leoprechtstein."

Damit war aus der Feuerpolizei von 1874 die (Pflicht- ?) Feuerwehr geworden, war mit Gemeindediener Holzapfel wohl der erste Kommandant bestellt. Wichtiger noch: Bürgermeister Michael Schiller scheint Freude an der Feuerwehr gefunden zu haben und mit mehr Schwung in seine Verantwortung eingestiegen zu sein. Denn er teilte dem kgl. Bezirksamt zugleich mit: "Im kommenden Frühjahre wird für Herstellung von Wasserreserven gehörig gesorgt werden, wo solche anzubringen sind."

Die Feuerlöschmaschine, in Landshut gekauft, war eine "Patentierte oscilirende Saug- und Druckpumpe" die "per Minute 240 - 280 Liter Wasser" bewegen konnte. Sie funktionierte wie erhofft, fand bei jungen Deggenauern Interesse, wie damals jede neue Technik bestaunt wurde. Wahrscheinlich darum änderte sich die Stimmung in der Gemeinde. Jedenfalls schrieb die Gemeindeverwaltung am 26. April 1877 an das Bezirksamt, am 24. April sei beschlossen worden, "nur eine freiwillige Feuerwehr zu errichten". Man habe schon mehrere Namensmeldungen in ausliegenden Listen, "als Commandant ist der Bürgermeister (Michael Schiller) ernannt, und im Verhinderungsfalle der Beigeordnete Josef Donaubauer in Ucking". Die FFW Deggenau wurde am 15. Juli 1877 ins Amtsregister des Landesfeuerwehr-Verbandes, des Bayerischen Landesamtes für Brand- und Katastrophenschutz und des Bezirks-Feuerwehrverbandes Deggendorf eingetragen, 42 Mitglieder, 150 Meter Schlauchmaterial. Die Gemeinde hatte damals 621 Einwohner. Fünf Tage nach der Umwandlung der Feuerpolizei in eine FFW, "unter Verzicht auf eine Pflichtfeuerwehr", fand "am Sonntag nachmittags 1 Uhr in Elmering die erste Übung der genannten freiwilligen Feuerwehr bei sonst günstiger Witterung" statt. Und, als wäre ein kleines Wunder geschehen, gab es auf einmal auch Wasserreserven. Die Löschmaschine war "auf eine Schubkarre mit zwei Räder montiert und bei Sandweger in Elmering untergestellt".

1888 im Juni wurde der "Plan zur Erbauung eines Löschrequisitenhauses für die Gemeinde Deggenau" in Sandweg eingereicht, den Bürgermeister Sandweger unterschrieben hatte. Standort war ein Grundstück des Gastwirtes Max Weiß, der die kostenlose Überlassung mit der Forderung verband, alle Übungen in Sandweg abzuhalten, da damit der Wirtshausbesuch verbunden war. Weiß bewirtschaftete überdies seinen Biergarten und hoffte natürlich, daß auch Feuerwehrfeste dorthin verlegt würden. Womit er nicht ganz daneben spekulierte, während der fertige Bau "nicht als solide" anerkannt wurde! Obwohl nun Bürgermeister Sandweger, Schillers Nachfolger, nicht als Gegner der FFW bezeichnet werden kann, zumal sich die FFW bald schon als gesellschaftlich führende Gruppierung fühlen und auch ihre politische Vorrangstellung stetig ausbauen konnte, gab es doch fortlaufend Schwierigkeiten mit der Gemeinde: Mal wollten Bürgermeister und Räte "Dienstvorschriften nicht anschaffen", ein anderes Mal, so 1902, "Schläuche nicht beschaffen". Man habe kein Geld, lautete die gängige Formel, worauf die jeweiligen Bezirksamtmänner erst höflich, dann zunehmend gereizter, schließlich befehlend antworteten. Bürgermeister Sandweger beugte sich und bat, "die Verzögerung des Auftrages vom 14. Mai 1902 zur Schlauchbeschaffung gütigst entschuldigen zu wollen".

 

ZurückWeiter
^